Richtiges Fallen vom Pferd

Sturz vom Pferd – richtig vom Pferd fallen?

Auch der routinierteste Reiter kann vom Pferd fallen.
Ich hab früher in meinen ersten Reitstunden immer gehört: „Falls du fällst, musst du dich abrollen“.
Leichter gesagt als getan, ein Sturz geht innerhalb von Sekundenbruchteilen und manchmal kann man sich nicht darauf vorbereiten.
Zeit zu überlegen wie ich den jetzt am besten gut fallen kann bleibt leider meistens nicht.

Schweren Verletzungen kann man aber vielleicht besser vorbeugen wenn man „richtig“ fällt und richtig abrollt und das kann man ÜBEN.

Jeder der weiß, wie richtiges „stürzen“ oder „vom Pferd fallen“ funktioniert ist hier klar im Vorteil.
Die verschiedenen Abrolltechniken am Boden zu üben bestenfalls in einem Kurs über Falltraining, ist für jeden Reiter eine gute Sache.

Reiter lernen hier richtige Bewegungsabläufe und verinnerlichen das Bewegungsmuster.

Verletzungsfrei stürzen kann man in Kursen lernen:
 

  • Fallen üben – durch eine langsame Steigerung , erst auf Matten, dann auf einem mechanischem Pferd
  • Loslassen – Muskulatur/Kopf 
  • Bewegungsablauf trainieren/lernen
  • Vertrauen zum eigenen Körper bekommen
  • Scheu verlieren vor dem Kontakt mit dem Boden
  • Nicht festklammern – loslassen (Kopfsache – je älter der Teilnehmer umso schwieriger – Kontrolle loslassen)
  • Angst vor dem Fallen verlieren – die Einstellung zählt
  • Bewegungsablauf  beim Fallen trainieren und verinnerlichen

Ziel des Kurses, neben dem Falltraining:

  • Erfahrung mit den mechanischen Buckelpferden – oft ist der Reiter verwundert wie lange er sich auf dem mechanischen Pferd halten kann – Selbstvertrauen steigt – Angst schwindet.
  • Abrollen und im richtigen Moment loslassen können ohne Angst.
    Nur wer rechtzeitigt seinen eigenen Abgang „plant“ hat noch die Chance diesen kontrollieren zu können.

Der Purzelbaum wird zuerst geübt, dann die Rolle rückwärts und seitliches abrollen über die Schulter.
Alles zunächst vom Boden aus, dann aus der Hocke.
Jeder der ein Holzpferd hat, kann dann auch versuchen von diesem Pferd auf weiche Matten zu stürzen.
 

Ein Fallseminar macht Spaß und bringt ein sicheres Gefühl für Stresssituationen.
Wenn das Pferd stürzt, ist der Reiter machtlos und kann nur durch richtiges Abrollen das Schlimmste verhindern.
So ein Kurs ist bestimmt eine lustige Angelegenheit und fördert die Stallgemeinschaft, weil alle miteinander lachen können beim lustigen Fallen.
 

Grundsätzliche Tipps

  • Als Reiter sollte man einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht haben und diesen etwa alle zwei Jahre auffrischen. Das kann man zum Beispiel beim Roten Kreuz, den Johannitern, Maltesern oder dem Arbeiter Samariter Bund machen. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich das oft vergesse, dieses Jahr ist er aber wieder eingeplant!
  • Trage immer einen Helm um Deinen Kopf zu schützen! Ich kann gar nicht genug betonen wie wichtig das ist!
  • Außerdem sollte man als Reiter immer ein Handy dabei haben mit dem man im Ernstfall den Notarzt rufen kann. Dieses Handy solltest Du in Deiner Jacke oder sonst wo an Dir tragen, ist es in der Satteltasche und Dein Pferd rennt weg, hilft es Dir nichts mehr!
  • Nimm eine Mini-Verbandstasche mit. Dort ist auch eine isolierende Silberdecke mit drin, gerade im Herbst oder Winter ist sie sehr nützlich um einen gestürzten Reiter warm zu halten bis Hilfe eintrifft.
  • Wenn Dein Mitreiter im Gelände stürzt: bevor Du euren Pferden hinterherrennst, um sie einzufangen, überprüfe, dass es ihm gut geht!
  • Ruf im Wald einmal laut nach Hilfe, oft sind Spaziergänger unterwegs und man kann zusätzliche Hilfe oft gut gebrauchen.
  • Zusätzlich zum Notarzt solltest Du am Stall anrufen und um Hilfe bitten. Immerhin stehst Du mit zwei Pferden und einem verletzten Mitreiter im Wald.
  • Trage gut sichtbare Kleidung. Wenn Dich ein Hubschrauber im Gelände finden muss, ist es wichtig, dass er auch eine Chance hat Dich zu sehen. Braune Kleidung ist da eher ungünstig.
  • Hab ein Band mit Deinen Notfalldaten an Dir
  • Sei Dir immer bewusst, wo Du gerade bist. Wenn Du den Notarzt rufen musst, solltest Du ihm sagen können wo er hinkommen muss.
  • In einem Stall in dem ich eine Zeit lang war, war es üblich, dass Allein-Reitende ihre geplante Route und Zeit ans schwarze Brett geschrieben haben. Wenn sie nicht zur angegebenen Zeit zurück waren, wurden sie angerufen oder nach ihnen gesucht. Das war eine prima Sache und ich denke die 5 Minuten Zeit kann man sich nehmen.
  • Alternativ zu einem Eintrag am schwarzen Brett kannst Du Deinen Live-Standort auch über WhatsApp teilen. Wenn ihr also z.B. eine Stallgruppe habt, einfach Deinen Standort dort freigeben, bis Du wieder sicher zurück bist.
  • Auch nach einem gefühlt nicht so schweren Sturz sollte man sich unbedingt beim Arzt bzw. im Krankenhaus durchchecken lassen. Haarrisse im Knochen erkennt man zum Beispiel meistens nicht von selbst!
  • Lass einen gestürzten Reiter nur dann wieder aufsteigen, wenn klar ist, dass er keine Verletzungen oder einen Schock hat. Erst wenn er nach 10 Minuten weiter ruhig und normal ist und keine Schmerzen hat oder ihm schlecht ist, darf er wieder aufs Pferd!
  • Wenn jemand gestürzt ist und liegen bleibt: erst mal nicht bewegen! Wenn der gestürzte Reiter Wirbelsäulenverletzungen hat, machst Du es durch bewegen nur noch schlimmer. Wenn Du ihn wegbewegen musst, zum Beispiel weil er auf Schienen liegt und ein Zug kommt (blödes Beispiel, ein besseres fällt mir gerade nicht ein) dann ziehe ihn und versuche ihn möglichst in der Haltung zu lassen in der er schon liegt.
  • Rede mit dem gestürzten Reiter und versuche ihn zu beruhigen. Achte darauf, dass ihm nicht kalt wird.
  • Wenn Du Dir nicht sicher bist, ob Du den Notarzt brauchst oder nicht, kannst Du auch unter 116 117 den ärztlichen Bereitschaftsdienst anrufen und die Situation schildern.

Erste Hilfe bei Knochenbrüchen:

  • Je nach Schwere des Bruchs und Situation: Notarzt anrufen. (Hat der Reiter nur einen “einfachen” Knochenbruch, kann sich von selbst bewegen und ist ansprechbar, kann man ihn auch – vorsichtig – selbst ins Krankenhaus transportieren. Wegen “Kleinigkeiten” sollte man den Notarzt nicht rufen, da der dann nicht mehr für Notfälle zur Verfügung steht.)
  • Das betroffene Körperteil möglichst ruhig stellen und nach Bedarf mit einer Jacke oder Decke polstern.
  • Beim gestürzten Reiter bleiben und aufpassen, dass ihm nicht zu kalt oder zu heiß wird.
  • Offene Brüche mit einem sterilen Material abdecken (aus dem Erste-Hilfe-Kasten. Du hast doch einen am Stall oder im Auto?!)
  • Sonst nichts an der Wunde machen, das ist Aufgabe des Notarztes!

Erste Hilfe bei blutenden Wunden:

  • Je nachdem wie viel es blutet Notarzt anrufen.
  • Die Wunde mit einem sterilen Material abdecken und dann mit einem Verband umwickeln.
  • Blutet die Wunde stark sollte ein Druckverband (im Erste-Hilfe-Kurs lernen!) angelegt werden. Dazu nimmst Du etwas, was kein Blut aufsaugt, drückst es über die Wunde und umwickelst es fest mit einem Verband. Dazu kannst Du zum Beispiel Taschentücher in der Packung, ein Handy oder Verbandspäckchen benutzen.
  • Wenn die Wunde an einer Stelle ist, an der Du keinen Verband festkriegst, lege ein steriles Tuch darüber und drücke mit Deiner Hand so lange fest darauf, bis der Notarzt da ist und Dir sagt was Du tun sollst.
  • Wenn die Wunde versorgt ist, beim gestürzten Reiter bleiben und aufpassen, dass ihm nicht zu kalt oder zu heiß wird.

Erste Hilfe bei einem Schock:

  • Notarzt rufen.
  • Einen Schock erkennst Du so: der gestürzte Reiter ist verwirrt, er erinnert sich nicht daran, dass er gestürzt ist, er spürt keine Schmerzen, er hat Schüttelfrost, er hat einen schnellen Puls, die Pupillen sind erweitert, er ist entweder teilnahmslos oder sehr emotional (ich hatte mal einen Schock und hab wegen allem und jedem grundlos geheult), er ist sehr blass. Jemand der unter Schock steht muss nicht alle diese Symptome auf einmal haben!
  • Steht der gestürzte Reiter unter Schock – und hat keine Verletzungen an Kopf, Brust oder Bauch! – solltest Du ihn mit leicht erhöhten Beinen hinlegen und unbedingt warm halten (Jacken, Decken, Satteldecken, …).
  • Rede mit ihm und beruhige ihn.

Erste Hilfe bei einer Gehirnerschütterung:

  • Notarzt rufen. Den gestürzten Reiter nicht ins Krankenhaus fahren, ihr seid dann nicht versichert!
  • Eine Gehirnerschütterung erkennst Du so: der gestürzte Reiter erinnert sich nicht daran wie er gestürzt ist, ihm ist schwindelig, ihm ist schlecht oder er übergibt sich, er hat Kopfschmerzen.
  • Bleib bei dem gestürzten Reiter, rede mit ihm, beruhige ihn und halte ihn warm.

Der gestürzte Reiter ist bei Bewusstsein

  • Versuche nicht ihn aufzurichten. Wenn er es selbst kann, darf er sich so setzen, dass er keine Schmerzen hat. Wenn nicht soll er liegen bleiben während Du den Notarzt rufst. Du solltest ihn dann mit einer Jacke oder Decke zudecken, damit er nicht auskühlt.
  • Wenn er sich aufrichten kann, versucht gemeinsam einzuschätzen wie schwer die Verletzung ist. Blutet er irgendwo oder hat offene Wunden? Liegen alle Körperteile richtig? Ist ein Körperteil plötzlich kürzer als vorher? Können bestimmte Körperteile nicht bewegt werden? Ist ein Körperteil taub oder kribbelt? Ist ihm schwindelig oder schlecht? Hat er Kopfschmerzen? Hat er sich in die Hose gemacht (ja, das ist peinlich, ich weiß, aber das kann ein Zeichen für eine Wirbelsäulenverletzung sein und sollte ernst genommen werden!)? Hat er einen Schock? Hat er offensichtlich etwas gebrochen oder sogar einen offenen Bruch?
  • Je nachdem welche Verletzungen der gestürzte Reiter hat, den Notarzt rufen und die Verletzung wie oben beschrieben versorgen.

Der gestürzte Reiter ist bewusstlos und atmet

  • Notarzt rufen!
  • Rede trotzdem mit ihm und versuche ihn aufzuwecken indem Du mit ihm redest. Nicht schütteln!
  • Überprüfe ob er atmet. (Puls musst Du nicht messen, wenn jemand nicht atmet hat er automatisch auch keinen Puls)
  • Wenn der gestürzte Reiter atmet bringe ihn in die stabile Seitenlage (lernt man im Erste-Hilfe-Kurs!).
  • Ich weiß, ich habe oben geschrieben, Du sollst einen gestürzten Reiter nicht bewegen so lange nicht eindeutig klar ist, dass seine Wirbelsäule nicht verletzt ist. Wenn er aber einfach so liegen bleibt kann es passieren, dass er an seiner Zunge oder seinem Erbrochenen erstickt. Das hilft ihm dann ja auch nicht.
  • Bleib bei dem gestürzten Reiter und kontrolliere weiter seine Atmung.

Der gestürzte Reiter ist bewusstlos und atmet nicht

  • Notarzt rufen!
  • Bei Kindern unter 8 Jahren fängst Du zuerst mit den Wiederbelebungsmaßnahmen an und rufst dann erst den Notarzt.
  • Beginne mit Wiederbelebungsmaßnahmen (und wieder: Erste-Hilfe-Kurs!).
  • Ich schreibe hier mit Absicht nicht, wie man das macht. So etwas muss man von Profis lernen und nicht im Internet nachlesen.

Sei Dir Deiner Verantwortung bewusst

Ich hoffe mit diesem Artikel habe ich Dir noch einmal bewusst gemacht wie wichtig es ist zu wissen wie man bei Unfällen reagiert. Falls Du es noch nicht gemacht hast solltest Du unbedingt an einem Erste-Hilfe-Kurs teilnehmen.

Meiner Meinung nach liegt es in unserer Verantwortung als Reiter, dass wir unseren Freunden und Mitreitern richtig helfen können wenn ihnen etwas passiert.

Wenn jeder Reiter so denkt, wird unser Hobby für uns alle etwas sicherer.

Jeder von uns kann einmal in die Situation kommen, dass wir nach einem Sturz auf die Hilfe Anderer angewiesen sind. Ich hoffe sehr, dass derjenige weiß was er tut, wenn es tatsächlich mal so kommen sollte!


 

  1. Raus aus den Bügeln! Neben dem richtigen Abrollen ist es äußerst wichtig bei einem Sturz aus den Bügeln rauszukommen und sich nicht am Zügel festzuhalten.
    Aus den Bügeln sollte man als erstes raus, ein verhakter Fuß im Steigbügel bedeutet unschönes mitgeschliffen werden durch das Pferd nach dem Stürz.
     
  2. Zügel loslassen! Zur eigenen Sicherheit sollte man auch das Pferd loslassen und nicht festhalten bei einem Sturz – es könnte passieren dass das Pferd auf den Reiter tritt, wenn man es nicht loslässt und quasi zu sich hinzieht. Von dem Pferd abdrücken beim Sturz um soweit wie möglich wegzukommen vom Pferdekörper.
     
  3. Reithelm bitte immer tragen! „Wer Hirn hat schützt es“, also bitte immer mit Reithelm auf das Pferd. Jeder kann vom Pferd fallen auch der Profi – das ist keine Frage des reiterlichen Könnens.
     
  4. Körperbeherrschung schulen (Falltraining) Kinn zur Brust nehmen, Kopf einziehen, einrollen, nicht mit den Armen abstützen.
     
  5. Kein unnötiges Risiko eingehen
     
  6. Ausrüstung vor jedem Ritt überprüfen (Sattel und Zaumzeug)
     
  7. Sicherheitsweste / Rückenprotector / Warnweste bei schlechter Sicht
     
  8. Notfalldaten am Reithelm anbringen?